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Entrümpelt den Klimaschutz!

Veröffentlicht am 16.09.2015 im #COP21-Blog

In wenigen Monaten beginnt in Paris eine weitere UN-Klimakonferenz. Die Hoffnung ist groß, dort eine Nachfolge des Kyoto-Protokolls auf den Weg zu bringen. Doch die internationalen Klimaverhandlungen sind in den vergangenen Jahren ins Stocken geraten. Jahr um Jahr verging, ohne konkrete Ergebnisse aufweisen zu können. Während Europa immer ambitioniertere Klimaziele anvisiert, scheint sich der Rest der Welt nicht auf konkrete Maßnahmen und Ziele festlegen zu wollen. Zur Vorbereitung der Pariser Klimakonferenz waren die 195 Vertragsstaaten der UNFCCC aufgerufen, ihre Beiträge zu einem neuen globalen Klimaabkommen zu erklären, bis Ende August haben das nur 56 getan. Die Begeisterung vieler Länder für drastische Treibhausgasreduktionen hält sich in Grenzen. Alle sind sich sicher, dass Klimaschutz die Wirtschaft belastet, aber kein Land vermag abzuschätzen, welchen konkreten Nutzen der Klimaschutz für die eigenen Bürger abwirft. Welche Regierung will schon mit Taten voran gehen, um dann mit dem Rücken zur Wand zusehen zu müssen, wie andere Länder diese Situation mit einer Ausdehnung emissionsintensiver Industrien für sich ausnutzen.

Unnötig hohe Kosten

Bislang hat Europa und insbesondere Deutschland alles dafür getan, dass diese klimapolitische Trittbrettfahrerposition lohnend erscheint. Aus globaler Perspektive halten die ambitionierten europäischen Klimaziele keiner nüchternen Nutzen-Kosten-Analyse stand. Zum einen lässt sich das anvisierte 2-Grad-Ziel wissenschaftlich nicht stichhaltig begründen, zumal das Ausbleiben des prognostizierten globalen Temperaturanstiegs nicht gerade das Vertrauen in die modellbasierte Klimafolgenforschung stärkt. Zum anderen zeigt die Wahl der Klimaschutzinstrumente in Europa, dass Effektivität und Effizienz keine besondere Priorität genießen. Sich in ihrer Wirkung widersprechende Instrumente, fehlende Abstimmung sektoraler Ziele und Maßnahmen sowie nationale Alleingänge sind die Regel. Bürger und Unternehmen werden dadurch mit unnötig hohen Kosten konfrontiert. Die Subventionsgewinne einiger Branchen können darüber nicht hinwegtäuschen.

 

 

Vor allem die Energiewende in Deutschland demonstriert dieses Defizit. Hier wird mit sehr hohem finanziellem Aufwand besonders wenig Klimaschutz erreicht. Die wirtschaftlichen Folgen der Subventionierung des Ausbaus erneuerbarer Energieträger sind indes schon jetzt unübersehbar: Steigende Strompreise für Haushalte und Unternehmen, Milliardeninvestitionen in zusätzliche Netze und konventionelle Kraftwerke, um der unsteten Einspeisung von Strom aus Wind und Sonne Herr zu werden. Inzwischen lässt sich die Wettbewerbsfähigkeit vieler Unternehmen nur noch durch Ausnahmen von der EEG-Umlage erhalten. Der Klimaschutzeffekt ist indes zu vernachlässigen, denn mangels Berücksichtigung im europäischen Emissionshandel beschleunigen die Emissionsminderungen der erneuerbaren Energieträger lediglich den Preisverfall der Emissionsrechte, was europaweit die Attraktivität zusätzlicher Kohlendioxidemissionen nur noch vergrößert. Teurer Klimaschutz ist zugleich ineffektiver Klimaschutz. Die Emissionsvermeidungskosten erneuerbarer Energieträger betragen ein Vielfaches der Vermeidungskosten im Bereich konventioneller Energieträger, auch weil die fehlende Standortoptimierung beim Ausbau der erneuerbaren Energieträger durch nationale Alleingänge zu unnötig hohen Investitionskosten führt. Unlängst rechnete eine Studie der Firma Siemens Einsparungen von 45 Milliarden Euro bis 2030 durch eine europaweite Standortoptimierung von Wind- und Solarkraftwerken vor, Finanzmittel und Ressourcen, die wirksamer in den Klimaschutz investiert werden könnten. Mit jeder zu teuer vermiedenen Tonne Kohlendioxid verursachen wir faktisch mehr Emissionen als notwendig.

Keine dogmatische Dekarbonisierung um jeden Preis

All das dürfte nicht gerade zu einer Stärkung der Verhandlungsposition Europas in Paris beitragen. Wer selbst mit schlechtem Beispiel voran geht, kann kaum Nachahmer erwarten. Bevor die Europäische Union nicht ihre eigene Klimapolitik entrümpelt und von überflüssigem Ballast befreit, sind auch in den internationalen Klimaverhandlungen kaum substantielle Fortschritte zu erwarten. Die Pariser Klimaverhandlungen werden die Hoffnung vieler auf ein Klimaschutzabkommen  mit konkreten Zielen und Maßnahmen daher wohl wieder enttäuschen. Es bleibt zu hoffen, dass die Verhandlungsparteien in Paris zur Einsicht kommen, dass der große Wurf eines internationalen Klimaabkommen mit allzu starren Zielen keine Zukunft hat. Statt vor allem auf die Vermeidung von Emissionen zu setzen, sollte sich die Staatengemeinschaft auf gemeinsame Anstrengungen zur Stärkung der Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel konzentrieren. Schließlich sind die meisten Probleme des Klimawandels dort zu befürchten, wo die Menschen aufgrund von Armut und fehlender Infrastruktur Hochwasser, Trockenheit und Extremwetterereignissen schutzlos ausgeliefert sind. Ziel sollte nicht eine dogmatische Dekarbonisierung der Gesellschaft um jeden Preis sein, sondern die Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Menschen weltweit in die Lage versetzten mit klimatischen Veränderungen, ganz gleich welcher Ursache, leben zu lernen. Das bedeutet nicht auf die Vermeidung von Treibhausgasemissionen zu verzichten. So könnte sich Europa auf die eigentlichen Stärken des Emissionshandels besinnen, indem er mit verlässlichen Zielen versehen auf alle Wirtschaftssektoren ausdehnt wird und europaweit Anreize zur kostenminimalen Treibhausgasminderung setzt. Mit diesen Effizienzgewinnen ließe sich eher eine Vorbildrolle einnehmen als es derzeit der Fall ist.

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Steffen HentrichSteffen Hentrich ist Referent für Umwelt-, Energie- und Verbraucherschutzpolitik der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit