Gemeinsam gegen die Klimakrise
Die Klimakrise ist eine schleichende Krise. Zwar werden die Folgen der Erderwärmung auch in unseren Breiten spürbarer, doch die politischen und ökonomischen Konsequenzen daraus werden zu zaghaft gezogen. Um eine gefährliche Klimakrise zu vermeiden, müssen die Treibhausgasemissionen in den kommenden 35 Jahren um 80 bis 95 Prozent gesenkt werden. Dazu haben sich die Industriestaaten verpflichtet – und doch befindet sich keines dieser Länder auf dem Zielpfad. Im Gegenteil: Zum ersten Mal seit Beginn der Aufzeichnungen hat der CO2-Gehalt der Atmosphäre im globalen Durchschnitt – also nicht nur an einzelnen Messstellen – die kritische Marke von 400 parts per million überschritten.
Wenn wir das 2-Grad-Limit nicht überschreiten wollen, brauchen wir dringend eine ambitionierte und verbindliche Klimapolitik. In Berlin, in Brüssel und in Paris, auf der Weltklimakonferenz. Die Staaten der Weltgemeinschaft müssen sich dort zu einem rechtsverbindlichen Klimavertrag bekennen, der das Zeitalter einer klimaneutralen Gesellschaft einläutet. Nicht von konservativer Besitzstandswahrung alter Energieerzeuger, Panikmache um Jobverlust und überbordenden Kosten, sondern vom Ehrgeiz, unsere Erde zu bewahren, sollte die Debatte um den Klimaschutz geprägt sein. Das ist aber nur zu erreichen, wenn wir insgesamt die Art, wie wir leben und wie wir produzieren, von Grund auf umstellen und nicht mehr Ressourcen verbrauchen als uns tatsächlich zur Verfügung stehen.
Grüne Aspekte einer Vereinbarung
Wie weit die Staatengemeinschaft davon entfernt ist, diese klimapolitischen Herausforderungen anzugehen, wird an den für die Pariser Klimakonferenz bisher eingereichten nationalen Selbstverpflichtungen, den sogenannten „Intended Nationally Determined Contributions“ (kurz INDCs) deutlich. So reichen die bisher eingereichten Reduktionsziele laut Klimawissenschaftlern bestenfalls dafür aus, die Erderwärmung auf drei bis vier Grad zu begrenzen. Vom 2-Grad-Pfad ist man also noch weit entfernt. Das gilt auch für die EU: Um ihrem Reduktionsanteil gerecht zu werden, hätte sich die EU eigentlich zu einer Reduzierung von mindestens 55 Prozent verpflichten müssen. Gemeldet wurde aber, dass die europäischen Mitgliedstaaten bis 2030 im Vergleich zu 1990 ihre Emissionen nur um mindestens 40 Prozent reduzieren wollen.
Zwar ist spätestens seit dem gescheiterten Klimagipfel in Kopenhagen klar, dass Klimakonferenzen, auf denen sich 192 Staaten einstimmig auf Klimaziele und damit auch über Fragen des bisherigen Wirtschaftswachstums einigen müssen, allein nicht die Klimakrise bekämpfen können. Dennoch oder gerade deshalb braucht es auch vor Paris Menschen auf der Straße, mahnende Umwelt- und Entwicklungsgruppen, Stimmen aus den Kirchen und Betrieben, eine kritische Presse, Beschlüsse von Parlamenten, an Übermorgen denkende Unternehmer und warnende Wissenschaftler, die dafür sorgen, dass in Paris zumindest der richtige Weg eingeschlagen wird.
Aus Grüner Perspektive heißt das, zumindest folgende drei Aspekte in einer Pariser Vereinbarung zu verankern:
Erstens muss es gelingen, das übergeordnete und langfristige Ziel, die Erderwärmung auf höchstens 2 Grad Celsius zu begrenzen, völkerrechtlich bindend zu verankern. Dieses Ziel sollte möglichst im Rahmen von nationalen oder auch regionalen Dekarbonisierungsfahrplänen sowie nationalen Minderungszielen untermauert werden.
Zweitens braucht es ein Bekenntnis zu „Raus aus den fossilen und rein in die erneuerbaren Energien“. Dies kann beispielsweise in Bezugnahme auf die Erkenntnis aus dem jüngsten IPCC-Bericht erfolgen, dass 2/3 der fossilen Energien in der Erde gelassen werden müssen. Für Deutschland heißt das, den Kohleausstieg einzuleiten.
Drittens muss die internationale Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen als zentrales und gemeinschaftliches Instrument ausgebaut und gestärkt werden, denn nur so sorgen wir für mehr Klimagerechtigkeit und Partnerschaft zwischen Nord und Süd.
Paris: Zwischenetappe statt Schlusspunkt
Statt eines großen Wurfs wird ein neuer Weltklimavertrag, so ist davon auszugehen, im besten Falle also ein Paket an Entscheidungen von verschiedenen Verbindlichkeiten und auf unterschiedlichen Ebenen beinhalten. Doch nur so kann es gelingen, Länder wie die USA oder China miteinzubeziehen, die sich bislang einer umfassenden völkerrechtlichen Verpflichtung verweigert haben. Insofern müssen wir Realismus walten lassen und uns – anders als in Kopenhagen – bereits im Vorfeld darauf einstellen, dass auch ein erfolgreicher Abschluss in Paris nicht Schlusspunkt, sondern lediglich eine wichtige Zwischenetappe für den globalen Klimaschutz sein wird.
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