Scheitert Paris, muss die EU umdenken!
Nach vielen vergeblichen Anläufen bietet der UN-Klimagipfel in Paris die Chance, endlich ein neues Welt-Klimaschutzabkommen zu vereinbaren. Die Vorzeichen stehen angeblich gut. Die USA und China bekannten sich öffentlich zum Klimaschutz, China will sogar erstmals den eigenen Treibhausgasausstoß begrenzen und plant, den eigenen Kohleverbrauch zu deckeln. Das schafft Hoffnung für die Pariser Verhandlungen. Ein globales Abkommen könnte in der Tat viele Probleme lösen, die durch sehr ambitionierte nationale oder europäische Klimaschutzambitionen entstanden sind: die Gefahr von „Carbon Leakage“, also die Abwanderung der Treibhausgas-ausstoßenden Industrie durch immer höhere Belastungen sowie die generelle Fragwürdigkeit, wie sinnvoll unilateraler Klimaschutz eigentlich ist. Doch da liegt auch das Problem: nur wenn es ein weltweites Abkommen gibt, lösen sich diese Probleme. Gibt es keins, verschärfen sie sich immer weiter, bis es womöglich zu spät ist.
Existenzbedrohung für energieintensive Unternehmen
Die Europäische Union hat sich vorgenommen, den Treibhausgasausstoß bis 2030 um mindestens 40% zu senken, im Vergleich zu 1990. Hauptinstrument ist der EU-Emissionshandel, der entsprechend verschärft werden muss. Statt um 1,74% soll sich die Anzahl der im Markt befindlichen Emissionszertifikate zw. 2020 und 2030 um jährlich 2,2% reduzieren, sonst erreicht man das angestrebte Ziel nicht. Dieses Ziel ist äußerst ambitioniert, aber in der europäischen Klimaschutz-Euphorie kommt viel zu selten zur Sprache, dass dies mit äußerst schmerzhaften und teuren Einschnitten verbunden sein wird. Die Hauptlast trägt die Industrie, denn während die Energieunternehmen die Mehrkosten mittels höherer Preise an ihre Kunden weitergeben können, muss ein Großteil der Industrie diese weitgehend tragen. Für energieintensive Unternehmen kann das die Existenz bedrohen.
Globales Abkommen – aber nicht um jeden Preis
Das politische Ziel ist klar: die EU setzt sich für ein globales Abkommen ein. Das ist gut so, aber das geht nicht um jeden Preis. Bei den Verhandlungen in Paris muss darauf geachtet werden, dass Europa nicht völlig übertriebene Verpflichtungen eingeht. Natürlich kann Europa mehr leisten als andere wirtschaftlich schwächere Staaten, aber Europa darf auch nicht zum Zahlmeister für den Klimaschutz der Welt werden. Die Last muss angemessen auf alle Schultern verteilt werden.
Gleichzeitig muss klar sein, dass bei einem Scheitern die unilateralen Klimaschutzanstrengen Europas nicht unbegrenzt weitergehen können. Wenn Europa unbeirrbar alleine den Treibhausgasausstoß senkt, während der Rest der Welt wenig oder nichts macht, ruinieren wir sehenden Auges unsere Wirtschaft. Die EU muss mit einer entschiedenen Bedingung in die Verhandlungen gehen: globales Abkommen oder Absenkung der eigenen Anstrengungen. Wie sonst soll die EU ein Gewicht in den Verhandlungen entfalten? Sonst freuen sich unserer Wettbewerber nicht nur heimlich wie wir erfolgreich unsere Industrie aus Europa vertreiben. Und das wäre der Supergau – für unsere Wirtschaft, aber genauso für den Klimaschutz!
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Herbert Reul, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament und dort im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie.