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„Wir stehen am Beginn einer breiten Bewegung“

Veröffentlicht am 23.06.2015 im #COP21-Blog

Bei der Auftaktveranstaltung des Energieeffizienz-Netzwerks WVM plus hat Bundesumweltministerin Barbara Hendricks eine Keynote zu den Themen Klimaschutz und Energieeffizienz gehalten. An dieser Stelle dokumentieren wir ihre Rede in Ausschnitten.

 

Barbara Hendricks_WVM plus

 

Die Wissenschaft gibt uns eine eindeutige Entscheidungsgrundlage: Wir sind die letzte Generation, die den Klimawandel begrenzen kann. Und wir sind die erste Generation, die den Klimawandel in dieser Massivität erfährt, selbst in Mitteleuropa haben wir Anzeichen dafür. Die Wissenschaft setzt uns eine Grenze von maximal 2 Grad Temperaturerhöhung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.

Wenn wir den Ausstoß an Treibhausgasen nicht deutlich verringern, dann werden kommende Generationen kaum oder gar nicht mehr auf den Klimawandel einwirken können. Es liegt also in unserer Verantwortung, den kommenden Generationen eine Erde zu hinterlassen, auf der man nach menschlichen Maßstäben überhaupt leben kann.

Das ist unsere moralische Pflicht gegenüber den nach uns folgenden Generationen. Gleichzeitig haben wir aber auch eine moralische Pflicht gegenüber den Menschen, die schon heute von Stürmen, Überflutungen, Hunger, Dürren und Armut betroffen sind.

Nehmen wir zum Beispiel die Small Island Developing States, eine Gruppe von 51 kleinen Inselstaaten. Wenn sich der Meeresspiegel um zwei Meter erhöht, dann wird es diese Small Island States nicht mehr geben. Durch eine Evakuierung würden alle heute dort lebenden Menschen heimatlos. Und letztendlich würde es durch das fehlende Staatsterritorium auch ein Ende der Staatlichkeit bedeuten.


Unser Film zum #COP21


Andere Beispiele sind Überflutungen in Bangladesch, Dürren in Afrika und Zentralasien aber auch der Sturm im Raum Düsseldorf an Pfingsten 2014, durch den wir mitten in Deutschland sechs Todesopfer zu beklagen hatten. Das ist für uns in Mitteleuropa ungewöhnlich. Wir werden die großen Herausforderungen dieses Jahrhunderts, den Kampf gegen Hunger und Armut, gegen Krieg und Vertreibung, nur meistern, wenn wir den Klimawandel entschlossen bekämpfen.

 

Klimapolitik ist Friedenspolitik

Klimapolitik ist im 21. Jahrhundert vor allem auch Friedenspolitik. Deshalb engagieren wir uns mit aller Kraft für ein internationales Klimaschutzabkommen. Und deshalb gehen wir auch mit unseren Klimazielen voran. Deutschland und die Europäische Union werden das Weltklima natürlich nicht alleine retten können. Aber wenn wir als führende und wohlhabende Industrieländer nicht vorangehen, wer denn dann? Wir haben schließlich die technologischen Möglichkeiten und im Prinzip auch die finanziellen Möglichkeiten.

Wir zeigen der Welt, dass ein Wandel zu einer ökologischen Wirtschaftsweise möglich ist, ohne dass wir dabei auf unseren Wohlstand verzichten müssen. Ich bin daher in Bezug auf den UN-Klimagipfel in Paris sehr zuversichtlich. Wir werden dort sicher nicht wie bei einem großen Knall alle Probleme auf einen Schlag lösen können. Aber die Gipfel im vergangenen September in New York und im Dezember in Lima haben gezeigt: Unsere europäische Klimapolitik ist durchaus ansteckend.

Wir werden in Paris zeigen können, dass entschlossenes Handeln nicht mehr nur Sache einzelner Länder ist. Wir stehen am Beginn einer breiten Bewegung, die viele Staaten auf diesem Weg mitnimmt, Industrieländer, Schwellenländer und Entwicklungsländer. Und die ein eindeutiges Signal an die Weltwirtschaft sendet: Wir müssen heraus aus der fossilen Energieversorgung bis zum Ende dieses Jahrhunderts.

 

Klimaschutz schadet nicht der Wirtschaft

Ich bin auch überzeugt davon, dass es handfeste ökonomische Vorteile hat, wenn wir das Klima schützen. Die Behauptung, Klimaschutz schade der Wirtschaft, ist längst widerlegt. In Deutschland sind zwischen 1990 und 2014 die Treibhausgasemissionen um 27 Prozent gesunken. Die Wirtschaft ist im gleichen Zeitraum um 39 Prozent gewachsen. Mehr Wohlstand bedeutet also nicht zwingend mehr Klimagase, weniger Umweltschutz oder höheren Ressourceneinsatz – im Gegenteil.

Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass ein ungebremster Klimawandel volkswirtschaftlich teurer wäre als der stufenweise und geplante Abschied von Kohle, Gas und Öl. Der angebliche Zielkonflikt zwischen Wirtschaftswachstum, Versorgungssicherheit und Klimaschutz trifft so nicht zu. Im Gegenteil: Der Abschied von fossilen Rohstoffen ist die Voraussetzung für nachhaltigen Wohlstand. Es ist heute klar, dass dieser Abschied kommen wird.

In Deutschland werden wir die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 um mindestens 80 bis 95 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren. Ich werde im kommenden Jahr einen Fahrplan vorlegen, der konkret beschreibt, wie wir dieses Ziel erreichen. Wir werden Zwischenziele formulieren und unsere Anstrengungen permanent überprüfen.

Die Frage ist nicht mehr, ob die fossile Energieversorgung zu einem Ende kommt, sondern wie wir diesen Wandel gestalten. Wir werden von diesem Wandel profitieren.

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Barbara Hendricks_2_WVM plusDr. Barbara Hendricks (SPD) ist Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit.