Chancen und Herausforderungen beim Recycling
Im Zusammenhang mit den zunehmenden Bemühungen einer nachhaltigen Wirtschaft kommt dem Recycling eine wichtige Rolle zu. Das heute weitverbreitete Verständnis von Recycling bezieht sich maßgeblich auf die Müllverwertung, also i.d.R. die Gewinnung von Stoffen aus Massenprodukten der Konsumgüterindustrien. Hierbei werden derartige Produkte dezentral gesammelt, anschließend an zentralisierten Stellen so weit wie möglich in die einzelnen Bestandteile zerlegt und die Rohstoffe bestmöglich wiedergewonnen. Dieses etablierte Vorgehen darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die erzielte Qualität der gewonnenen Sekundärstoffe sowie die Effizienz der Verwertungsprozesse noch Verbesserungspotentiale aufweisen und dass das heutige Recycling im engen Wortsinne gar keine Kreislaufführung darstellt, sondern vielmehr eine Abwärtsspirale.
Ebenfalls etablierte Prozesse finden sich im Bereich der Verwertung von Industrieabfällen, wo interessanterweise der Begriff des Recycling eher unbekannt ist.
Aufbereitung von Abfallstoffen aus der Metallherstellung
Die Aufbereitung von Abfallstoffen aus der Metallherstellung sowie der Metallver- und -bearbeitung ist heutzutage in hohem Maße aufgebaut, im Rahmen des technisch Machbaren und wirtschaftlich Sinnvollen. Die Industrieunternehmen können somit auf ein gutes Netzwerk von Betrieben mit Verwertungs- und Aufbereitungsprozessen zurückgreifen, die die Rohstoffe wiedergewinnen können. Im Bereich der Verzinkungsindustrie werden z.B. die zinkreichen Prozessabfälle, wie z.B. Hartzink, Zinkasche oder Filterstaub, ebenso systematisch gesammelt und der Wiederaufbereitung zugeführt wie die chemischen Vorbehandlungsmedien. Durch die derart gewonnenen Sekundärstoffe und deren wiederholten Einsatz im Prozess als Ersatz für sonst notwendige Primärrohstoffe erfolgt ein nennenswerter Beitrag zur Ressourcenschonung.
Im Vergleich zum Recycling von Massenprodukten werden folgende Vorteile der Industrieabfallverwertung offensichtlich:
- Die Abfallstoffe fallen an einem definierten Standort, der oder den Produktionsstätten, an, wodurch die Logistik klar definierbar ist.
- Die Abfallstoffe fallen in weitestgehend definierter Qualität und absehbarer Quantität an, wodurch die Prozesse der Wiederaufbereitung definierbar sind.
- Der Zustand der aufzubereitenden Stoffe ist deutlich weniger komplex im Vergleich zu verarbeiteten Produkten, wie z.B. einem Fernseher oder einem Rasenmäher, wodurch die Prozesse der Wiederaufbereitung einfacher sind.
Neben den logistischen Herausforderungen liegt ein entscheidendes Hemmnis des Recyclings von verarbeiteten Massenprodukten in der weitgehend schlechten Auslegung von Produkten im Hinblick auf die Gewinnung der enthaltenen Rohstoffe am Lebenszyklusende, sowohl bezüglich des konstruktiven Designs als auch der Materialauswahl. Betrachtet man sich den Entstehungsprozess von Produkten vom Entwurf bis zur Fertigung, so stellt man fest, dass allen Beteiligten seit jeher die Aufgabe des kreativen Erschaffens obliegt und diese Denkweise zutiefst in den entsprechenden Ausbildungsgängen verankert ist. Ein grundlegendes Verständnis für die Notwendigkeit des Rückbaus am Produktlebensende oder die Rückgewinnung der eingesetzten Materialien sucht man vergebens. Die Verbesserung der Produkte im Hinblick auf eine Verbesserung der Recyclingqualität und –effizienz sollte also schon im Curriculum der Architekten, Designer, Konstrukteure oder Prozess- und Verfahrensingenieure beginnen, wobei die Sichtweise neben dem nachhaltigen Erschaffen von Produkten aus hochwertigen Materialien um das „geplante, strukturierte Zerstören“ ergänzt werden muss.
Verbessertes Produktdesign für höhere Rückgewinnungsraten
Ausgehend von einem derart verbesserten Produktdesign ergeben sich Chancen für eine höhere Rückgewinnungsrate beim Recycling und gleichzeitig eine effektivere Materialnutzung. Ein bei der Planung schon berücksichtigter, definierter Rückbau trägt zudem dazu bei, dass derart gestaltete Produkte auf einfache Weise zerlegt werden können, und zwar wirtschaftlich und vor allem weltweit umsetzbar. Hierdurch würde sich gleichzeitig das logistische Problem lösen, da die Rückführung nicht mehr über weite Strecken an spezialisierte Unternehmen erforderlich wäre, was zudem ökonomisch wie auch ökologisch unsinnig ist, sondern regionale, technisch weniger spezialisierte Aufbereitungsstellen eingerichtet werden könnten, die die Zerlegung und Verwertung ausführen.
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Dr. Thomas Pinger
Forschung & Entwicklung
ZINQ Technologie GmbH
Voigt & Schweitzer GmbH & Co. KG