Recycling ja, aber nicht um jeden Preis
Da die weltweite Nachfrage nach Rohstoffen stetig zunimmt, gleichzeitig aber die Menge der verfügbaren Primärrohstoffe begrenzt ist, kommt dem Recycling und der damit verbundenen Gewinnung von Sekundärrohstoffen eine zunehmende Bedeutung zu. Dies betrifft insbesondere solche Rohstoffe – wie etwa Metalle – die in der EU nur im begrenztem Maße vorhanden sind, gleichzeitig aber im Prinzip unendlich oft und ohne Qualitätsverlust recycelt werden können.
Ob Recycling sinnvoll ist oder nicht, hängt aus ökonomischer Sicht von den damit verbundenen Kosten sowie den Preisen für den aus dem Recycling gewonnenen Sekundärrohstoffen ab. Schließlich sind alle Ressourcen knapp, doch manche Ressourcen sind knapper als andere. Sie haben einen höheren Preis und bieten sich daher unter ökonomischen Gesichtspunkten eher für das Recycling an.
Effizientes Recycling braucht einen Regulierungsrahmen
Obwohl die Preisbildung auf den Sekundärrohstoffmärkten bereits ausreichend Anreize für ein effizientes Recycling bietet, bedarf es zusätzlich eines guten Regulierungsrahmens. Hierbei sind insbesondere drei Punkte zu beachten:
- Erstens kann eine Regulierung Leitplanken setzen, die die Effizienz der Ressourcennutzung über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg erhöhen. So steigt die volkswirtschaftliche Effizienz, wenn Hersteller bereits bei der Zusammensetzung ihrer Güter berücksichtigen müssen, zu welchen Kosten diese später recycelt werden können. Dabei sind Anreizsysteme strengen Auflagen wie Ökodesign-Vorgaben vorzuziehen, denn letztere reduzieren in vielen Fällen die Gestaltungfreiheit der Unternehmen, verhindern damit Produktinnovationen und verringern das den Konsumenten zur Verfügung stehende Angebot.
- Zweitens dient das Recycling nicht nur dem Ressourcen-, sondern auch dem Umweltschutz. Der Markt allein bietet in vielen Fällen nicht ausreichend Anreize dafür, dass Abfälle umweltgerecht entsorgt und behandelt werden. Eine Förderung des Recyclings kann diesen lokalen Umweltschäden entgegenwirken. Hinzu kommt, dass Umweltschäden durch den Abbau von Primärrohstoffen vielfach nicht hinreichend eingepreist werden. Ein höheres Aufkommen an Sekundärrohstoffen kann den Bedarf an Primärrohstoffen und die damit verbundenen Umweltrisiken senken.
- Drittens kann sich Recycling positiv auf das Klima auswirken. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn beim Recycling weniger Treibhausgase emittiert werden als bei Abbau und Herstellung von Primärrohstoffen und diese Emissionen nicht bereits auf andere Art und Weise – z.B. durch ein Emissionshandelssystem – reguliert werden. Zudem kann Recycling Treibhausgasemissionen senken, wenn dadurch die Menge an verbrannten oder deponierten Abfällen sinkt.
Das EU-Abfallrecht muss umgesetzt werden
Insbesondere aus diesen Gründen hat die EU das Konzept der Abfallhierarchie als zentrales Element der Abfallregulierung eingeführt. Wenn Abfälle nicht zu vermeiden sind, sieht diese das Recycling als grundsätzlich beste Form der Abfallbewirtschaftung vor. So richtig das Konzept der Abfallhierarchie ist, so wichtig ist es, dass es flexibel angewandt werden kann. Falsch ist hingegen der Ansatz der EU, daraus feste und EU-weit einheitliche Recyclingquoten abzuleiten. Denn die Abfallpolitiken der Mitgliedstaaten divergieren bislang deutlich, was nicht nur an einem unterschiedlich starken Engagement bei der Umsetzung des bestehenden Abfallrechts liegt, sondern auch an unterschiedlichen Rahmenbedingungen wie Siedlungsdichte, Topographie, Wirtschaftskraft, Abfallmengen und bestehenden Verwertungsstrukturen. Teure Sammel- und Verwertungssysteme, die zu hohen Recyclingraten bei Siedlungsabfällen führen können, lohnen sich schließlich im reicheren und dichtbesiedelten Deutschland eher, als in z.B. Rumänien, wo zudem das durchschnittliche Siedlungsabfallaufkommen um ein Vielfaches geringer ist.
Aus diesem Grund sollten die Mitgliedstaaten im Sinne der Subsidiarität selbst darüber entscheiden können, wie sie einen aus ihrer Sicht effektiven Ressourcenschutz betreiben wollen. Stattdessen sollte die EU verstärkt darauf hinwirken, dass die z.T. signifikanten Defizite bei der Umsetzung und Durchsetzung des EU-Abfallrechts in den Mitgliedstaaten beseitigt werden. Denn EU-weit einheitliche Vorgaben auf dem Papier bringen nichts, wenn sie nicht auch in der Praxis gelebt werden.
Lesen Sie auch:
Dr. Christian Hagelüken, Umicore AG & Co KG – Edelmetallrecycling in der Kreislaufwirtschaft
Dr. Matthias Buchert, Öko-Institut e.V. – „Zur Zukunft des Recyclings – Wir haben was auf Lager“
Dr. Moritz Bonn
Wissenschaftlicher Referent
Centrum für Europäische Politik