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Smartphones & Co.: Herausforderung für Recyclingindustrie und „Circular Economy“

24.11.2016

Könnten Sie ohne Ihr Mobiltelefon leben? Würden Sie auf Ihr Auto oder elektronische Geräte verzichten? Ohne die Helfer aus der Hightechindustrie geht es heute scheinbar nicht mehr. Aber für die „Circular Economy“ (Kreislaufwirtschaft) sind sie eine echte Herausforderung.

Wertschöpfung bei Metallen: ohne Verluste geht es nicht

Grundsätzlich sind alle Metalle recycelbar. Aber auf jeder Etappe der metallurgischen Wertschöpfung – also auch beim Recycling – fallen Rückstände an. Man könnte sie theoretisch bis auf null verringern, gäbe es keine technisch, wirtschaftlich und ökologisch notwendigen und sinnvollen Grenzen! Rückgewinnung kostet sowohl Materialien im Sinne von Anlagenverschleiß usw. als auch Energie und muss bezahlbar bleiben. Aber es ist eine anspruchsvolle Aufgabe: Jedes Metall hat besondere chemische Eigenschaften; sie machen das Recycling umso komplizierter, je mehr Metalle in einem Produkt zusammen auftreten.

Erfreulicherweise wird heute bereits viel investiert, um Produktion und Rückgewinnung von Metallen zu optimieren. Die Metallbranche arbeitet schon seit vielen Jahren daran, die Ressourceneffizienz zu steigern. Grundmetalle lassen sich aus Rückständen, ausgedienten Produkten, Schrott usw. schon erfolgreich wiedergewinnen, beispielsweise Blei (ca. 54 Prozent), Kupfer (45 Prozent EoL-Recyclingrate), Aluminium (ca. 30 Prozent) und Zink (ca. 40 Prozent).

Das Problem: komplexe Hightechgeräte

Nun kommen Mobiltelefone und Co. ins Spiel. Sie sind äußerst komplex aus vielen Einzelteilen zusammengesetzt. Allein ein Smartphone besteht aus mehr als 60 verschiedenen Elementen. Man stelle sich nur einmal vor, eine Tasse Kaffee wieder in die einzelnen Komponenten zu zerlegen, also Kaffeepulver und Wasser sowie vielleicht noch Milch und Zucker. Klingt nicht einfach, oder?

Viele chemische Elemente kommen in modernen Hightechgeräten nur in Spuren vor und stecken oft in komplexen Materialverbünden. Gute Beispiele dafür sind Gallium, Indium und Germanium. Derzeit ist es zumeist unwirtschaftlich, diese Spurenmetalle zu recyceln. Das Recycling der Hightechmetalle ist die Zukunftsaufgabe der Prozessmetallurgie mit ihrer Infrastruktur, sie ist ein Herzstück für die „Circular Economy“. Alternative Methoden wie der Einsatz von Biotechnologie könnten aber zukünftig teilweise zum Prozess der Wiederverwertung beitragen.

Es ist noch viel Forschung und Entwicklung nötig, damit sich Hightechmetalle und -materialien effizient wiedergewinnen lassen – durch neue Technologien, aber auch durch Optimierung und dynamische Anpassung der metallurgischen Infrastruktur. Die Metallindustrie verfügt über die nötigen Anlagen, diese gilt es zu erhalten und weiterzuentwickeln.

Eine Lösung: Vernetzung und Digitalisierung

Der Kreislauf der Rohstoffe ist vor allem aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen nicht vollständig schließbar. Doch das Metall-Recycling lässt sich optimieren – die dafür nötigen Technologien, Prozesse und Systeme entwickeln wir am Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF), das zum Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf gehört. Wir betrachten alle Prozesse entlang der Wertschöpfung mineralischer und metallhaltiger Rohstoffe interdisziplinär und setzen spezielle Analyseverfahren und Computermodelle ein, um die Grenzen des Systems zu bestimmen.

Die Metallindustrie hat schon viel in die Digitalisierung einzelner Prozesse investiert, doch das Gesamtsystem und seine wichtige Rolle in der „Circular Economy“ kann noch deutlich verbessert werden. Systemmodelle können helfen, die Chancen und Grenzen der „Circular Economy” aufzuzeigen.

Gemeinsam mit unseren Partnern wie der TU Bergakademie Freiberg haben wir am Helmholtz-Institut das Ziel, alle bei der Produktion und Rückgewinnung von Metallen beteiligten Technologien und Verfahren zu digitalisieren. Anschließend wollen wir sie so in einem System zusammenführen, dass sich die Ressourceneffizienz von Materialien und Produkten leicht vorhersagen lässt. Teillösungen gibt es bereits jedoch ist noch viel Grundlagenforschung zur Recyclingfähigkeit der komplexen Materialgemische in modernen Geräten, die aus Hightechmetallen, Kunststoffen u.v.m. bestehen, nötig.

Unsere Forschungsresultate sollen der Gesellschaft in Zukunft informierte Entscheidungen ermöglichen. Für Politiker kann die Quantifizierung der Verluste im System hilfreich sein, um für die „Circular Economy” optimale gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Und Verbraucher könnten die Nachhaltigkeit von Produkten besser beurteilen, beispielsweise wenn sie über den Kauf eines neuen Mobiltelefons oder anderer Dinge nachdenken.

 

Bild: HZDR. Icons made by Freepik, EpicCoders, Madebyoliver, Zlatko Najdenovski from www.flaticon.com

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Rückstände minimieren und Wertstoffe durch Recycling wiedergewinnen – zu einer nachhaltigen Gesellschaft gehört beides. Für das Material- und Energiesystem sind Metalle und mineralische Ressourcen besonders wichtig. Allerdings gibt es hier noch viel zu tun, um Stoffkreisläufe im Sinne einer „Circular Economy“ (Kreislaufwirtschaft) zu fördern. Das Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf entwickelt die nötigen Technologien und Systeme dafür.

 

 

 

Lesen Sie auch:

M.A. Reuter, C. Hudson, A. van Schaik, K. Heiskanen, C. Meskers, C. Haglüken (2013) – United Nations Environmental Protection (UNEP) Report „Metal Recycling: Opportunities, Limits, Infrastructure”

EU-Aktionsplan für die „Circular Economy“

Umweltbundesamt – Überblick über den Verbrauch an Rohstoffen, inkl. Metalle und Minerale, in Deutschland

M.A. Reuter – Digitalizing the Circular Economy – Circular Economy Engineering Defined by the Metallurgical Internet of Things, Metallurgical and Materials Transactions B, Springer 2016

Worrell, M.A. Reuter (2014) – Handbook of Recycling, Elsevier BV, Amsterdam, 595p. (ISBN 978-0-12-396459-5)


Personen

Prof. Dr. Dr. h.c. Markus Reuter

Direktor Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF) am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf